Seit 2019 können intergeschlechtliche Menschen den dritten Geschlechtseintrag „divers“ beantragen. Zwar schließt das Gesetz bislang transgeschlechtliche Personen aus. Doch es erkennt rechtlich an, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Spätestens diese Regelung macht es notwendig, unsere Sprache an die Geschlechtervielfalt anzupassen. Indem wir gendern, neutral formulieren oder vielleicht sogar wie Schweden ein offizielles neutrales Pronomen einführen. Hier erfährst du, was es mit der Geschlechtsoption „divers“ auf sich hat. Und du erhältst wertvolle Tipps für deine Kommunikation! Lass mich in den Kommentaren gerne wissen, was du darüber denkst.
Was ist die Geschlechtsoption „divers“?
Ein „drittes Geschlecht“ wurde bei der Änderung des Personenstandsgesetzes eigentlich nicht eingeführt. Die dritte Option „divers“ ist ein Zusatz zu „männlich“ und „weiblich“ und für Menschen gedacht, die weder (nur) männlich noch weiblich sind. Allerdings wird dies bisher allein an den körperlichen Geschlechtsmerkmalen festgemacht. Nur wer eine sogenannte Variante der Geschlechtsentwicklung hat, also körperliche Geschlechtsmerkmale, die nicht eindeutig den medizinischen Kategorien „männlich“ oder „weiblich“ entsprechen, kann die Option „divers“ für sich in Anspruch nehmen. Dazu müssen die Personen ein ärztliches Attest oder in Ausnahmefällen zumindest eine eidesstattliche Erklärung einreichen. Der Geschlechtseintrag erfordert also einiges an Bürokratie.
Menschen mit einer „Variante der Geschlechtsentwicklung“ sind intergeschlechtlich. Ihre Geschlechtsidentität kann dennoch weiblich oder männlich sein. Genauso kommt es bei Menschen mit eindeutig zuordenbaren körperlichen Geschlechtsmerkmalen vor, dass ihre Geschlechtsidentität von diesen Merkmalen abweicht. So ist das bei transgeschlechtlichen oder nichtbinären Personen. Ihr tatsächliches Geschlecht ist ein anderes als das, was ihnen bei der Geburt zugeordnet wird. Einige sind weder (nur) männlich noch (nur) weiblich. (Mehr zu den verschiedenen Geschlechtern findest du zum Beispiel im Queerlexikon.) Auch für sie kann es wichtig sein, den offiziellen Geschlechtseintrag zu „divers“ ändern.
Vor- und Nachteile der Geschlechtsoption „divers“
Eine dritte Geschlechtsoption ist lange gefordert worden. Allerdings sind viele mit der Umsetzung unzufrieden. Intergeschlechtlichen Menschen bietet die Gesetzesänderung den Vorteil, sich nicht auf einen binären Geschlechtseintrag (entweder männlich oder weiblich) festlegen zu müssen. Doch eine ärztliche Untersuchung zu diesem Zweck ist für sie oft belastend.
Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass nur körperliche Geschlechtsmerkmale zählen. Das schließt viele transgeschlechtliche und nichtbinäre Menschen aus. Dabei wären gerade letztere an der Zusatzoption interessiert. Denn wer ein Geschlecht außerhalb des Systems aus Mann und Frau hat, kann trotz dritter Option meist keine Personenstandsänderung zu „divers“ beantragen. Den genauen Wortlaut der Gesetzesänderung findest du übrigens in § 22 PStG (Personenstandsgesetz) und § 42b PStG.
Trotz alledem ist die dritte Option zumindest ein Anfang – eine offizielle Anerkennung, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Und weil laut dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz keine Person wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden darf, sehen wir jetzt in Stellenanzeigen überall eine Klammer mit den Kürzeln (m/w/d). Die allein reicht aber nicht aus: Es ist notwendig, sich mit der Ansprache von Personen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ zu beschäftigen. Das bewegt zum Umdenken und hoffentlich bald dazu, dass auch dyadische (also nicht intergeschlechtliche) trans und nichtbinäre Menschen sich als „divers“ registrieren dürfen.
Divers: Welche Anrede?
Wie genau spreche ich denn mit und über nichtbinäre Menschen? Im persönlichen Kontakt mit Einzelpersonen gilt immer: Frag nach! Das ist viel besser, als ins Blaue hineinzuraten und jemanden mit dem falschen Pronomen anzusprechen. Viele Menschen haben ihre Pronomen inzwischen sogar in ihrer Instagram-Bio oder der E-Mail-Signatur stehen.
Wenn du einer Person schreibst, die du noch nicht kennst, kannst du erst einmal ihren Vornamen benutzen und die Anrede neutral halten. Beispiel: „Guten Tag, Kim Krause, …“ Sprichst du mehrere Personen an und weißt nicht, ob darunter auch nichtbinäre Leute sind? Dann verwende einfach eine Art zu gendern, die alle Geschlechter einschließt. Eine gute Variante ist der Gender Gap. Dabei setzt du ein Sonderzeichen zwischen die männliche und die weibliche Form eines Wortes. Beispiel: „Liebe Zuhörer*innen/Zuhörer:innen/Zuhörer_innen“ Bei manchen Worten kannst du auch ein substantiviertes Verb draus machen oder eine andere neutrale Formulierung wählen: „Liebe Zuhörende“ oder „Liebes Publikum“.
Du möchtest wissen, wie du in der Praxis richtig gendern kannst? Dann trag dich gerne in die Warteliste für mein Online-Workshop-Programm Gendern leicht gemacht ein:
Geschlechtsoption „divers“: neutrale Pronomen?
Wenn du dich mit dem Gendern schon ein wenig auskennst, weißt du: Bei Personalpronomen wird es kompliziert. „Wenn er*sie mit seinen*ihren Freund*innen gerne online kommuniziert, kann er*sie einen Messenger nutzen.“ Im Englischen ist das ja einfacher: Die Pronomen für die dritte Person Plural (they/them) können auch im Singular genutzt werden und sind dann geschlechtsneutral. Im Deutschen wäre das leider grammatikalisch falsch: „Kim kommen auf meine Website, weil sie ein Erstgespräch vereinbaren wollen.“
Das heißt aber noch lange nichts! In Schweden zum Beispiel wurde einfach ein drittes Pronomen eingeführt. Neben dem weiblichen „han“ und dem männlichen „hon“ gibt es seit 2012 auch das geschlechtsneutrale „hen“. Dieses war allerdings ähnlich wie „they“ schon immer geläufig, wenn über eine Person unbekannten oder unbestimmten Geschlechts gesprochen wird. Im Deutschen gibt es zwar noch kein allgemein anerkanntes drittes Pronomen. Dafür gibt es eine Reihe von Neopronomen, die du dir zum Beispiel unter https://nibi.space/pronomen anschauen kannst. Im Gastartikel von Illi Anna Heger lernst du zum Beispiel das Neopronomen „xier“ näher kennen.
Was die Option „divers“ für deine Kommunikation bedeutet
Wie schon erwähnt, darf nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz keine Person aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden. Das heißt zum Beispiel, dass du deine Stellenanzeigen geschlechterinklusiv gestalten musst. Viele Firmen schreiben jetzt „Texter (m/w/d) gesucht“. Das „d“ steht für „divers“. Noch besser wäre eine inklusivere Form wie „Texter*in gesucht“. So schließt du auch diejenigen ein, die bisher keinen Zugang zum Personenstandseintrag „divers“ haben.
Deine Diversity-Strategie sollte immer eine ganzheitliche sein. Auch deine Kund*innen wollen unabhängig von ihrem Geschlecht von dir angesprochen und wertgeschätzt werden. Deshalb empfehle ich dir, immer und überall gendergerechte Sprache zu verwenden. Wusstest du, dass es die dritte Option „divers“ seit 2019 in Deutschland gibt? Und dass sie viele nichtbinäre Menschen ausschließt? Was denkst du über neutrale Pronomen? Schreib es in die Kommentare!
Zum Weiterlesen:
https://nibi.space/pronomen
https://queer-lexikon.net/
Dieser Beitrag wurde im April 2021 nach einem Sensitivity-Reading überarbeitet. Mehr über die Weiterentwicklung meiner Inhalte liest du in meiner Fehlerdoku.